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Unter Hypnose: Zahnbehandlung auf Wolke sieben
Mit einem Pendel wird in der Dentalpraxis eher selten gearbeitet
In Trance verlieren Schmerzen ihren Schrecken - das Bewusstsein widmet sich anderen Dingen

Häufig wird ein Zahnarzttermin mit Schmerzen assoziiert - nicht selten löst dies schon Tage zuvor Nervosität und Ängste aus. Doch die menschliche Wahrnehmung ist beeinflussbar, in Trance sieht die Welt schnell ganz anders aus.

Die meisten Menschen kennen Hypnose höchstens als unterhaltsame Showeinlage im Varieté. Dabei kann der außergewöhnliche Bewusstseinszustand auch im medizinischen Kontext viel Positives bringen. Gegen verschiedene Suchterkrankungen kann er wahre Wunder wirken. Und selbst in Dentalpraxen ist Hypnose ein Hilfsmittel mit erstaunlichem Potenzial.

Mehr als 3000 Zahnärzte bieten deutschlandweit ihren Patienten Hypnose als besonderen Service an. Zielgruppe sind dabei nicht etwa esoterisch angehauchte Sonderlinge auf der Suche nach neuen spirituellen Erfahrungen. Hypnose eröffnet etlichen Menschen einen Weg, sich trotz bestimmter Hürden einer routinemäßigen Zahnbehandlung zu unterziehen.

Allen voran sind es sicher Angstpatienten, die stark von einem veränderten Bewusstseinszustand auf dem Zahnarztstuhl profitieren. Mindestens 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung haben mit einer Zahnarztphobie zu kämpfen. Das Eindringen in den intimen Bereich der Mundhöhle oder schmerzhafte Vorerfahrungen sind für viele Patienten ein Grauen. Als Konsequenz werden Kontrolluntersuchungen regelmäßig verschoben oder gänzlich vermieden. Mit Hilfe von Psychologen kann hier verhaltenstherapeutisch gegengesteuert werden. Einfacher scheint es jedoch, wenn der Zahnarzt selbst durch Hypnose eine angstfreie Situation schafft.

Druckgefühl statt Schmerz

Neben einem entspannten Körpergefühl kann der veränderte Bewusstseinszustand eine weitere, fast magische Wirkung entfalten: Schmerzen werden nicht mehr als qualvoll empfunden, sondern meist als Druckgefühl beschrieben. Vielfach kann so auf die ungeliebte Spritze mit dem Lokalanästhetikum verzichtet werden, das folgende stundenlange Taubheitsgefühl im Mundraum bleibt aus. Größere Eingriffe, wie beispielsweise Extraktionen von Zähnen, können auch ohne Vollnarkose erfolgen. Zudem lassen sich Patienten mit einem überstarken Würgereflex einfacher untersuchen und behandeln.

Zahlreiche Menschen bezweifeln, dass sie leicht in Hypnose zu versetzen seien. Doch bei weit mehr als 80 Prozent der Bevölkerung stellt dies für einen erfahrenen Hypnotiseur kein Problem dar. Als Faustregel gilt: Fantasiebegabte, intelligente Personen ohne Konzentrationsschwierigkeiten haben ideale Voraussetzungen, um aus der realen Welt herausbegleitet zu werden.

Das Hypnotisieren in der Dentalpraxis geschieht dabei eher selten mit Pendel oder Lichtpunkten. Meistens versetzt der Zahnarzt seinen Patienten im Gespräch und mit Worten in Trance. Wie der normale Schlafzustand kann auch die Trance unterschiedlich tief sein. In tiefer Trance kann es zu absoluter Schmerzunempfindlichkeit kommen.

Eigener Wille bleibt erhalten

Manche Skeptiker mögen es als bedenklich ansehen, sich dem Zahnarzt völlig auszuliefern. Doch anders als einige Bühnenshows es erscheinen lassen, kommt es nicht zum totalen Kontrollverlust. Trotz Hypnose ist der Patient nicht willenlos und wehrt sich gegen Abläufe, die dem eigenen Wertekodex widersprechen. Negative Manipulationen werden erkannt und beenden den Trancezustand.

Nicht nur Erwachsene können in den Genuss des entspannten Trancezustandes kommen. Kinder lassen sich ebenso unter Hypnose besser behandeln. Vielen fällt es bei vollem Bewusstsein schwer, länger ruhig auf einem Stuhl zu sitzen und obendrein den Anweisungen einer mehr oder weniger fremden Person zu folgen. Hypnotisiert zeigt das Kind ein kooperativeres Verhalten.

Bei den Kleinen geht der Zahnarzt jedoch etwas anders vor: Um sie in Trance zu versetzen, schickt er sie mit Märchen, Puppen und Fantasiegeschichten auf eine Gedankenreise. Stellt sich die Trance ein, lässt sich das gut an Augen, Atmung und Herzschlag erkennen. Zwar kommen Kinder leichter wieder aus der Trance heraus, doch bei entsprechender Beobachtung kann der Hypnose-Zahnarzt wirkungsvoll nachjustieren. Erst als Teenager werden junge Patienten zugänglich für Hypnoseverfahren, wie sie bei Erwachsenen angewandt werden.

Wissenschaft bestätigt Nutzen

Jüngste Studien haben gezeigt, dass Hypnose zu Unrecht bei einigen Menschen immer noch als Hokuspokus verschrien ist. Dass fast alle Bedenken, die einem Laien in den Sinn kommen können, unbegründet sind. Wissenschaftler attestieren der Hypnose eine effektive Wirksamkeit bei der Schmerzlinderung sowohl während operativer Eingriffe als auch in der Folge von Zahn-OPs. Herkömmliche Schmerzmittel können in Kombination viel niedriger dosiert oder zum Teil komplett ersetzt werden. Hilfreich kann Hypnose außerdem in Notfällen, bei akuten Schmerzen oder bei Unverträglichkeiten gegen eine pharmakologische Schmerzmedikation sein. Weitere Einsatzgebiete sind stark entzündete Gewebebereiche, bei denen Anästhetika schlecht wirken oder als Therapie von schmerzhaften Erkrankungen des Kiefergelenks (TMD, Temperomandibuläre Dysfunktion).

Auch wenn die gesammelten Erkenntnisse über Behandlungen unter Hypnose durchweg positiv sind, bleibt für den gesetzlich Versicherten ein kleiner Wermutstropfen. Die Kassen sind nicht bereit, eine entsprechende Leistung des Zahnarztes zu vergüten. Die Kosten muss der Versicherte somit selbst tragen und individuell mit der Praxis abrechnen. Im Schnitt werden für die zusätzlichen Aufwendungen zwischen 80 und 150 Euro fällig, was entsprechend des Zeitbedarfs schwanken kann.

In der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose e.V. haben sich mehr als tausend niedergelassene Zahnmediziner zusammengeschlossen und standardisierte Aus- und Weiterbildungen entwickelt. Interessierte Behandler können sich von dem Verein als Hypnose-Zahnarzt schulen und zertifizieren lassen. Ein kontinuierlicher Austausch mit gleichgesinnten Kollegen sichert ein hohes Niveau der in der Praxis eingesetzten Methoden.

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