Wenn neue Technologien den Bereich der Forschung verlassen, eröffnen sich oft auch im medizinischen Bereich vielversprechende neue Therapieoptionen. So kam Laserlicht in den frühen 1960er Jahren zunächst in militärischen Messgeräten zum Einsatz, wenige Jahre später schon experimentierten Augenärzte erfolgreich mit dem stark gebündelten Lichtstrahlen. Ihnen gelang es, krankhafte Blutgefäße in der Netzhaut zu veröden. Und 1964 berichteten US-amerikanische Forscher bereits im Fachmagazin „Nature“ über die mögliche Anwendung der energiereichen Strahlen gegen Kariesschäden.
Weit mehr als ein halbes Jahrhundert später sollte die Laserzahnmedizin nun aus dem Experimentalstadium heraus sein. Doch gegen scharfe Klingen und rotierende Bohrköpfe konnte sich das Lichtschwert bislang nicht durchsetzen. Ist die Laserzahnheilkunde also eher etwas für technikverliebte Dentisten, die mit einem extravaganten Angebot neue Kundenkreise erschließen wollen? Sicher nicht. Doch in der Zahnmedizin gelang dem Laser kein glamouröser Siegeszug wie in anderen medizinischen Fachrichtungen.
Intensive Fortbildungen für Zahnärzte
Vielmehr traten anfangs Probleme mit Verbrennungen und einer verschlechterten Wundheilung auf, was ein schlechtes Licht auf die neuen Methoden warf. Es zeigte sich zudem, dass ein Zahnarzt nicht einfach den Bohrer gegen einen Laserstrahl austauschen konnte. Der Umgang mit den Hightech-Geräten erfordert eine gewisse Expertise, die sich Zahnmediziner erst aneignen müssen - beispielsweise mit einem mindestens einjährigen Lehrgang an der Universität Aachen. Neben diesem enormen zeitlichen Aufwand, muss ein junger Zahnarzt bei der Unternehmensplanung auch die hohen Kosten für die Lasergeräte einkalkulieren: zwei Hürden, die sicher die Begeisterung für innovative Konzepte schmälern.
Dass trotzdem in etwa jeder zehnten Praxis in Deutschland mit Lasergeräten behandelt wird, spricht gewiss für die Vorzüge der heißen Strahlen. Tatsächlich gibt es nur wenige Fälle, bei denen ein ausgebildeter Laserdentist auf seine alten mechanischen Instrumente zurückgreifen muss. Die Entwicklung moderner Laserapparaturen erlaubt es, bei jeder Diagnose spezifisch vorzugehen. Der Zahnarzt muss dazu mindestens zwei Geräte einsetzen: Eines produziert einen starken Laserstrahl (Hardlaser), mit dem beispielsweise hartes von Karies befallenes Gewebe bearbeitet werden kann und ein anderes, das mit einem weniger intensiven Strahl (Softlaser/Low Level Laser) für die Behandlung von Weichgewebe geeignet ist.
Kaum Schmerzen, antibakterielle Wirkung
Besonders Angstpatienten, denen bereits der Gedanke an das Pfeifen und Rütteln eines konventionellen Bohrers den Angstschweiß auf die Stirn treibt, dürften von der alternativen Kariesbehandlung profitieren. Oftmals läuft die Entfernung der zerstörten Zahnsubstanz schmerzfrei ab, so dass die Betäubungsspritze seltener nötig ist. Es entstehen keine Vibrationen und auch eine Hitzebildung ist heutzutage nicht mehr wahrnehmbar. Gefährliche Keime werden sofort abgetötet, feine Dentinkanälchen versiegelt und Entzündungen bleiben aus. Sogar bei der Diagnose von Kariesschäden ist das Laserlicht hilfreich: Im Seitenzahnbereich und den Furchen der Backenzähne (Fissuren) lassen sich kariöse Stellen mit einer speziellen Fluoreszenztechnologie entdecken. Leider kommt der Laser nicht bei allen Kariesschäden zum Ziel: Sitzt das erkrankte Gewebe zu tief, muss der gewöhnliche Bohrer wieder ran. Außerdem verzichtet der Zahnarzt auf die Energie des Laserstrahls bei der Entfernung alter Füllungen. Denn die entstehende große Hitze könnte giftige Dämpfe freisetzen.
Auch bei Parodontalbehandlungen können Laser für bessere Therapieerfolge sorgen. Die Entzündungen des Zahnhalteapparats beruhen auf einer starken Vermehrung krankmachender Keime in den Zahnfleischtaschen. Die Maßnahmen des Zahnarztes zielen also darauf ab, diese Mikroorganismen zu eliminieren und den Entzündungsprozess des Gewebes zu stoppen. Laserlicht kann hier mittels eines einfachen Tricks die Keimbesiedlung nahezu komplett auslöschen. Dazu wird auf die befallenen Bereiche eine Lösung mit Farbsubstanzen gegeben, die sich an die Erreger heften. Das energiereiche Licht wird von den Farbstoffen absorbiert und tötet so die Bakterien ab. Die Methode eignet sich auch für schwer zugängliche Bereiche und fördert zudem durch die Stimulation des Gewebes den Heilungsprozess. Die sogenannte photodynamische Therapie (PDT) ist nur ein Einsatzbereich von Laserlicht in der Parodontaltherapie. Darüber hinaus zeigen sich hier bei anderen nicht-chirurgischen und chirurgischen Eingriffen in mehreren Studien Vorteile gegenüber der Standardtherapie.
Laserlichtimpulse im Wurzelkanal
Seit wenigen Jahren profitiert die Endodontologie in besonderem Maß von den Möglichkeiten gepulster Laserstrahlen: Bei der Aufbereitung von Wurzelkanälen sorgen energiereiche Lichtblitze für beeindruckende Reinigungsergebnisse. Dabei wird eine Spülflüssigkeit im Kanal durch die Lichtenergie kurzzeitig stark erhitzt und bildet unmittelbar kleine Gasbläschen. Diese implodieren in kürzester Zeit wieder und lösen so Schmierfilme mit Bakterien selbst aus fein verzweigten Kanälchen heraus. Das Verfahren zeigte sich in mehreren Studien gegenüber herkömmlichen Desinfektionsmethoden überlegen. Es ist seit gut zehn Jahren patentrechtlich geschützt und wird unter der Abkürzung PIPS (Photon Induced Photoacoustic Streaming) vermarktet.
Neben der zerstörerischen Kraft leistungsstarker Lasergeräte haben energieärmere Laserstrahlen eine heilungsfördernde Wirkung auf verletztes Gewebe. Jüngst konnte in zwei Vergleichsstudien gezeigt werden, welche Effekte Softlaser nach Dentaloperationen erzielen können. In der ersten Studie behandelten brasilianische Forscher Patienten nach Weisheitszahnextraktionen auf der einen Seite sechs Sekunden mit Laserlicht, auf der anderen mit normalem Rotlicht. Zwei Tage nach dem Ziehen der Zähne war das Schmerzgefühl auf der laserbestrahlten Seite nur halb so intensiv wie auf der Placebo-Seite. Diese sogenannte Photobiostimulation (PBS) verhinderte zudem starke Schwellungen und erleichterte den Probanden das Öffnen des Mundes. In der zweiten Studie setzten iranische Zahnärzte einen Softlaser nach dem Einsetzen von Implantaten im Unterkiefer ein. Wiederum wurden beide Mundseiten behandelt, eine jedoch lediglich mit Rotlicht bestrahlt. Auch hier beschrieben die Patienten deutliche Unterschiede in der Schmerzstärke, zudem war klar eine bessere Wundheilung auf dem laserbestrahlten Gewebe zu erkennen.
Fazit
Laserzahnmedizin kann speziell als ergänzendes Behandlungsangebot etliche Vorteile bringen. Sie wird durch eine stetige Weiterentwicklung immer bessere Therapieoptionen ermöglichen und für Patienten mit hohem Qualitätsanspruch interessant bleiben. Da gesetzliche Krankenkassen die Kosten für Laserverfahren in der Regel nicht übernehmen, dürften jedoch wohl weiterhin nur sehr ambitionierte Zahnmediziner das Skalpell gegen den Lichtstrahl tauschen wollen. Für schmerzfreie Behandlungen und schnellere Heilungserfolge müssen Patienten aus eigener Tasche zahlen: Zwischen 20 Euro für einen einzelnen Zahn bis zu 400 Euro für eine größere Operation werden für die Privatleistungen berechnet.
Da es mehrere Lasertypen von verschiedenen Herstellern gibt, zudem die Wellenlänge des Lichts, die Leistung und die Frequenz der Lichtpulse variiert werden können, lässt sich wohl grob erahnen, wie viele Behandlungsmöglichkeiten ein Zahnarzt mit seinen verschiedenen Geräten hat. Dass ein solches Wissen nicht auf einem Wochenendseminar vermittelt werden kann, liegt auf der Hand. Patienten, die sich vom Angebot eines Laserzahnmediziners angesprochen fühlen, sollten sich genau über dessen Qualifikation informieren. Meist werben Laserpraxen und -zentren auf ihren Websites bereits mit absolvierten Lehrgängen und Abschlüssen ihrer Mitarbeiter. Viele von ihnen sind Mitglied der DGL (Deutsche Gesellschaft für Laserzahnheilkunde e.V.) oder der ISLD (International Society for Laser Dentistry).