Beläge auf den Zähnen wachsen innerhalb weniger Stunden, nur regelmäßiges Zähneputzen schützt vor Karies und Mundgeruch. Doch Plaque ist viel mehr als nur eine schleimige Schicht zufällig zusammenlebender Mikroben: Ein hochkomplexes Ökosystem mit unterschiedlichsten Kleinstlebewesen organisiert sich in dem Biofilm. Seit einigen Jahren hat das Wissen um die verschiedenen Arten und Stämme dank genetischer Analysen ein hohes Niveau erreicht.
Doch wie sich das Zusammenleben der Bakterien genau gestaltet, ist weitgehend unbekannt. Neue Anfärbetechniken mit Fluoreszenzmarkern und hochauflösende Mikroskopaufnahmen haben Forschern jetzt ungeahnte Einblicke in die Welt der Mundflora verschafft. Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern vom Marine Biological Labaratory in Massachusetts und dem Forsyth Institute in Cambridge (USA) gelungen, eine größere Anzahl verschiedener Bakterien gleichzeitig darzustellen. Es ergibt sich ein faszinierendes Bild, das die räumliche Verteilung der Arten akkurat aufzeigt.
Hatte man bislang lediglich eine lange Liste mit Namen von Bakterien, nähert man sich jetzt langsam auch den funktionellen Vorgängen der Lebensgemeinschaften. Wer steht in Verbindung zu wem, wo sind Kontaktpunkte, welche Zonen lassen sich ausmachen. Gegenseitige Abhängigkeiten können genauso beobachtet werden wie der Bezug zum menschlichen Körper. Nicht zuletzt wird dies auch das Verständnis über krankmachende Prozesse verbessern.
Im Zahnbelag entdeckten die Forscher igelartige Konglomerate aus neun verschiedenen Bakterien. Dabei bildeten Corynebakterien an einem Ansatzpunkt radial lange Fäden, an deren Enden sich Streptokokken wie eine Baumkrone formierten. Darunter finden sich Leptotrichien und Fusobakterien, die ein sauerstoffarmes Milieu bevorzugen.
Einer der Studienautoren, Mark Welch, betont die Relevanz der Erkenntnis dieser räumlichen Strukturen. Je nachdem, welchen Nachbarn die Mikroben vorfinden, ändert sich auch der Cocktail chemischer Substanzen und Metabolite, die sie abgeben. Mithilfe von DNA-Sequenzierungen hat die Arbeitsgruppe nun auch ein Modell erstellt, wie sich Plaque auf dem Zahn aufbauen könnte.
Vom Organisationsgrad der Strukturen waren die Forscher überrascht. Da von insgesamt 22 Probanden Plaqueabstriche untersucht wurden, konnten auch Vergleiche zwischen verschiedenen Individuen angestellt werden. Erstaunlicherweise scheint es bei der räumlichen Anordnung der Mikrometer großen Bakteriengemeinschaften wiederkehrende typische Muster zu geben.
Für die Arbeitsgruppe ist die Darstellung des Zahnbelags nur ein erster Schritt. Die Erforschung des menschlichen Mikrobioms gewinnt immer mehr an Bedeutung, so dass in künftigen Projekten auch Bakteriengesellschaften im Darm oder auf der Haut mit den neuen Techniken untersucht werden sollen.