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Parodontitis – unbehandelt ein Risikofaktor
Zahnbehandlung.
Zahnbehandlung. Bildquelle: Fotolia 9528391. Starush.

Eine entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparats wird als Parodontitis, im Volksmund auch als Parodontose bezeichnet. Ohne zahnärztliche Behandlung kann sie die Mundgesundheit stark beeinträchtigen.

Ähnlich wie bei Karies oder Zahnfleischerkrankungen sind auch bei der Parodontitis Keime am Werk, die durch ihre Stoffwechselprodukte das Gewebe des Erkrankten schädigen. Doch weitaus tückischer als Kariesbakterien, nisten Erreger, die den Zahnhalteapparat – das sogenannte Parodont – angreifen, im Verborgenen. Meist haben diese Keime durch eine mangelhafte Mundhygiene gute Voraussetzungen sich im Plaque oder Zahnstein massiv zu vermehren.

Zwischen Zahnfleisch und Zahn bilden sie immer tiefere Taschen, die für den Patienten kaum mit Beschwerden verbunden sind. Zahnfleischbluten und möglicherweise Mundgeruch sind die einzigen Symptome, die dem Betroffenen auffallen könnten, Schmerzen treten anfangs nicht auf. Doch die Entzündungen innerhalb der Zahnfleischtasche dringen immer weiter in die Tiefe vor. Das Immunsystem versucht gegen die Keimattacke anzukämpfen und löst dabei auch wichtige haltende Strukturen und Kieferknochen auf: Der Zahn lockert sich dramatisch und verliert seine Verbindung zum Zahnbett. Am Ende kann auch der Zahnarzt den Zahnausfall nicht verhindern. Es ist also empfehlenswert beim Bemerken erster Symptome wie Zahnfleischentzündung oder –bluten einen zahnmedizinischen Rat einzuholen.

Zahnbetterkrankungen Parodontitis ist weit verbreitet

Dieses Horrorszenario spiegelt nicht tragische Einzelfälle wider, sondern ist weit verbreitet. Ab dem 40. Lebensjahr ist die Parodontitis der Hauptgrund für einen Zahnverlust. In der Altersgruppe der 35-44-Jährigen sind laut der letzten Deutschen Mundgesundheitsstudie etwa 73 Prozent der Untersuchten an einer mittelschweren oder schweren Parodontitis erkrankt. Wie die bekannte Gingivitis (Zahnfleischentzündung) wird auch die Parodontitis durch bakteriellen Zahnbelag verursacht. Die umgangssprachliche „Parodontose“ ist jedoch problematischer, weil die Schäden nicht völlig reparabel sind. Die schädliche Zahnbetterkrankung Parodontitis hat im klinischen Alltag eine derart hohe Relevanz, dass sich mittlerweile eine eigene Fachrichtung in der Zahnmedizin mit den Leiden befasst: In der Parodontologie suchen Wissenschaftlicher nach den Ursachen und verbesserten Therapieoptionen.

Damit liegt Deutschland im internationalen Vergleich zusammen mit Großbritannien und Russland im Spitzenfeld, was die Verbreitung der Parodontitis angeht. Diese Zahl ist aber nicht nur negativ zu interpretieren: Sie kommt auch dadurch zustande, dass viele Patienten auch in höherem Alter noch die meisten ihrer natürlichen Zähne haben und eine Vorsorge gegen Karies erfolgreich war.

Herzkrankheiten und Frühgeburten sind die Folge

Doch Parodontitis ist kein Problem, das ausschließlich die Mundgesundheit betrifft. Schon seit längerem gibt es starke Hinweise darauf, dass das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko bei einer Parodontitis stark erhöht ist. Neben der erhöhten Gefahr für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, vergrößert sich auch die Wahrscheinlichkeit an Diabetes mellitus und rheumatische Leiden zu erkranken. Auch das Risiko von Frühgeburten scheint enorm zu steigen: Studien aus den USA gehen davon aus, dass etwa 18 Prozent der Untergewichtigen und zu früh Geborenen auf eine Parodontalerkrankung zurückzuführen sind.

Wer sich vor Augen hält, wie groß die Fläche des entzündeten Gewebes bei einer Parodontitis ist, wundert sich nicht über die dramatischen Folgen für die Betroffenen. Im Schnitt entspricht das befallene Gewebe einer Oberfläche, die insgesamt fünf 2-Euro-Münzen abdecken könnte. Das Immunsystem wird also extrem beansprucht, die Menge giftiger Substanzen, die ins Blut gelangen, ist immens. Sollte der Patient durch andere chronische Krankheiten, wie beispielsweise Diabetes, vorbelastet sein, können sich die beiden Krankheiten zusätzlich negativ beeinflussen.

Regelmäßige Kontrollen sind wichtig

Regelmäßige Untersuchungen beim Zahnarzt und entsprechende Therapien gegen Parodontalerkrankungen sind somit einer der wichtigsten Bereiche der präventiven Zahnheilkunde. Vorbeugend sollte sich jeder Patient bei einer professionellen Zahnreinigung feste und versteckt sitzende Beläge entfernen und über eine optimale Pflege daheim aufklären lassen.

Der Zahnarzt hat bei einer Kontrolluntersuchung die Gefahr einer Parodontitis stets im Blick: Mit einer Messsonde prüft er die Tiefe bereits vorhandener Zahnfleischtaschen am Parodont und berät mit dem Patienten das weitere Vorgehen. Die Behandlung einer schweren Parodontitis wird von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt. Sie kann in besonders schweren Fällen einen chirurgischen Eingriff erforderlich machen. Dabei wird das über der Zahnwurzel liegende Zahnfleisch aufgeschnitten, um fest sitzende Ablagerungen zu entfernen. Vielfach wird die aufwendige Parodontitisbehandlung heutzutage aber auch ohne OP mit Ultraschall- oder Laserinstrumenten durchgeführt. Zum Teil unterstützen Antibiotika den Heilungsprozess. Auf jeden Fall müssen schädliche Erreger weitestgehend abgetötet werden, so dass regelmäßige Spülungen mit antiseptischen Lösungen wie Chlorhexidin ein wichtiger Bestandteil der Therapie sind.

Schnelltest klärt Parodontitisrisiko ab

Mittlerweile ist auch ein Schnelltest auf dem Markt, der das individuelle Risiko für eine Parodontitiserkrankung nachweist. Wenig Speichel reicht bereits aus, um mit einem Teststreifen den spezifischen Marker Matrixmetalloproteinase-8 (MMP-8) anzuzeigen. Ein positives Ergebnis bedeutet, dass das bei entzündlichen Prozessen produzierte Protein vorhanden, das Parodontitisrisiko also hoch ist. Der Test ist hoch spezifisch, da er nur den Abbau von Kollagenfasern, wie sie im Zahnhalteapparat vorkommen, nachweist.

Beim Thema Parodontitis besteht in der Bevölkerung noch Aufklärungsbedarf. In einer Umfrage konnten zwei Drittel der Befragten spontan keine der Folgen einer schweren Parodontitis (Zahnausfall, Herzinfarkt, Frühgeburten, etc.) benennen. Genauso düster sah es bei den Risikofaktoren für eine Parodontitis aus: Knapp 70 Prozent der Befragten nannten nicht die mangelhafte Zahnhygiene als Gefahrenquelle für Zahnbetterkrankungen. Ein Schwerpunktthema der modernen Parodontologie muss also auch weiterhin die Aufklärung aller Bevölkerungsgruppen sein.

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