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Die Kaugummi-Krise
Junge Frau steht vor Wand mit benutzten Kaugummis
Sicher nicht jedermanns Geschmack: In Seattle (USA) zieren Tausende alte Kaugummis die Wände in einer engen Gasse.

Das Image des Kaugummis bröckelt: Öffentliches Kauen wirkt heutzutage respektlos, Jugendliche konsumieren immer weniger. Obendrein warnen Umweltaktivisten vor einem Abfallproblem, denn biologisch abbaubar ist die synthetische Masse nicht. Es wird Zeit, dass Zahnärzte ein gutes Wort einlegen.

Ganz unbewusst und von kaum jemandem bemerkt wird in Deutschland die Zahnpflege schlechter. Nicht weil es an der Motivation zum Zähneputzen oder zum Fädeln mit Zahnseide mangelt. Vielmehr verzichten immer mehr Menschen auf den Genuss von Kaugummis.

Einen echten Absatzeinbruch erlitten die Hersteller von Kaugummis durch die Corona-Pandemie – vermutlich sorgten sich bei verringerten Sozialkontakten und versteckt hinter Masken weniger Menschen um einen guten Atem. Zur Stressbewältigung und Entspannung verhalfen daheim offensichtlich eher Kekse und Schokolade, was sich an entsprechenden Umsatzzahlen ablesen lässt.

Doch schon vor der Corona-Krise war es ein zähes Ringen geworden, mit Kaugummis lohnende Geschäfte zu machen. Die Umsatzzahlen schrumpften bei Big Playern wie Mars Wrigley, anscheinend entschwindet das Gummi aus den Gepflogenheiten eines modernen Lifestyles. Was vor 30 Jahren noch für eine lässige, coole Haltung stand, verkörpert heute eher das Bild von fehlenden Manieren und Unhöflichkeit.

Neue Aromen werden Umsätze kaum verbessern

Laut Umfragen des Marktforschungsunternehmens Euromonitor sind junge Menschen nicht mehr für Kaugummis zu begeistern, die Branche braucht wohl mehr gute Ideen als lediglich drei weitere neue Geschmacksrichtungen. Erschwerend kommt hinzu, dass vor allem die großen Hersteller ins Fadenkreuz von Umwelt- und Öko-Aktivisten geraten sind.

Während jahrzehntelang kaum jemand darüber nachdachte, wo die ominöse Kaumasse herkommt und woraus sie besteht, mehren sich in jüngster Zeit alarmierende Artikel über das offene Geheimnis: Kaugummis sind größtenteils aus Plastik. Beim unbedarften Leser dürften derartige Weisheiten nicht unbedingt gut ankommen und dem Image weiteren Schaden zufügen.

Tatsächlich hatten Süßwarenhersteller das Glück, dass lange Zeit weder über die gesundheitlichen Risiken noch über die Umweltverträglichkeit der unbekannten Kaumassenrezepturen gesprochen worden ist. In puncto Gesundheit gibt es bislang kaum beunruhigende Beobachtungen: Lediglich in einer großen Veröffentlichung der Uni Wien von 2009 zeigten sich bei Kaugummikonsumenten leicht erhöhte Werte des Abbauproduktes (Monoethylphthalat) eines Weichmachers, der das Hormonsystem beeinflussen könnte.

Kaumasse auf Erdöl-Basis

Problematischer sind Kaugummis für die Umwelt: Die Hauptbestandteile sind die Kunststoffe Polyisobutylen und Polyvinylacetat aus petrochemischer Produktion. Beide gelten als wahre Alleskönner, sind enthalten in Klebstoffen, Dichtmassen oder Lacken. Sie trotzen Witterungseinflüssen und mikrobiellen Attacken – und bleiben auf den Gehweg gespuckt oft jahrelang erhalten.

Global sollen geschätzt 100000 Tonnen Kaugummi-Abfall entstehen, der im besten Fall im Restmüll landet. Zwar hat das britische Start-up-Unternehmen Gumdrop gezeigt, dass sich die ausgekauten Gummis durchaus in bereitgestellten Boxen sammeln und recyceln lassen. So entstehen beispielsweise schicke Sohlen für Turnschuhe oder Handyschutzhüllen. Doch dürfte diese Idee das Müllproblem noch lange nicht flächendeckend lösen.

Andere Jungunternehmer schlagen lieber einen anderen Weg ein: Nach dem Motto „back to the roots“ wollen sie weg von synthetischer Kaumasse und produzieren ihre Kaugummis wieder aus natürlichen Rohmaterialien. Schon vor vielen Hunderten Jahren kauten Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zähe Pflanzensäfte. So war das Harz der Pistazienbäume in der Antike beliebt, sein Name „Mastix“ (lateinisch masticare: Kauen) weist eindeutig darauf hin.

Chicle als ökologische Alternative

Die Ureinwohner Nordamerikas bevorzugten Fichtenharz, während die Maya und Azteken den Saft des Breiapfelbaums (Sapotillbaum) nutzten. Letzterer wird auch Chicle genannt und liefert heute den Alternativ-Herstellern einen biologisch abbaubaren Rohstoff. Firmen wie Forest Gum, True Gum oder Birkengold versuchen mit einem nachhaltigen Produkt mit den Großkonzernen zu konkurrieren, doch der Großteil der Verbraucher dürfte so nicht zu erreichen sein.

Natürliche Kaumasse hält die Aromen nur kurz, klebt stärker und ist wesentlich teurer. Zudem lassen sich künstliche Rohstoffe besser kontrollieren und sind stets in ausreichender Menge vorhanden. So argumentiert Mars Wrigley auf seiner Homepage auch gegen natürliche Kaumasse, da der enorme Bedarf kaum durch existierende Quellen zu decken sei.

Sieht die Zukunft des gesunden Kauens zwischendurch also düster aus? Einige Marktforscher sehen zumindest für mittlere Unternehmen mit Innovationsfreude gehöriges Wachstumspotential. Denn Kaugummis mit unterschiedlichen Wirkstoffen, Nahrungsergänzungsmitteln oder Probiotika zu kombinieren, eröffnet wieder ein weites Spektrum für den sinnvollen Kaugenuss.

Antiseptischer Kaugummi gegen Covid

Mittlerweile gibt es neben dem altbekannten Nikotinkaugummi zur Rauchentwöhnung auch Diät-Kaugummis zum Abnehmen, Kaugummis gegen einen Alkohol-Kater, aphrodisierende Kaugummi oder Einschlaf-Kaugummis (alle z. B. von Wugum). Selbst einen „Covidgum“ hat ein deutscher Hersteller auf den Markt gebracht, der mit antiviralen Inhaltsstoffen die Viruslast des Nutzers minimieren soll.

Spezielle Kaugummis mit einem gezielten Nutzen für die Zahngesundheit prägen derweil weniger die Innovationshitlisten. Denn lange schon ist bekannt, dass bereits allein das Kauen zur Anregung des Speichelflusses extrem positive Auswirkungen auf das Kariesrisiko hat. Jeglicher Geschmackszusatz erhöht zusätzlich die Speichelproduktion. Jüngere Studien deuten außerdem darauf hin, dass der Zuckeraustauschstoff Xylitol in Kaugummis die Entstehung von Plaque reduziert.

Wer also nicht gerade an Problemen mit den Kiefergelenken leidet (TMD, Temperomandibular Disorders), sollte regelmäßig zum zuckerfreien Kaugummi greifen. Eine simplere und nebenwirkungsärmere Möglichkeit zur Prophylaxe von Zahnerkrankungen gibt es wohl kaum. Es wäre zu wünschen, dass diese Information in Zahnarztpraxen wieder verstärkt an die Patienten weitergegeben würde.

 

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